Hertzke – anno 1905

Heutzutage hat jeder Mensch einen festen Nachnamen, der von Generation zu Generation weitergegeben wird. Doch früher gab es viel weniger Personen, die man unterscheiden musste, weshalb es lange Zeit nur die Vornamen gab. Als im achten Jahrhundert die Orte wuchsen und mehr Menschen den selben Namen trugen, verwendete man Beinamen zur Identifizierung. Diese können von der Herkunft, einem Beruf, einer Fähigkeit oder von besonderen Merkmalen stammen. Gab es beispielsweise im Dorf zwei Johanns, wurde der Johann, der Weber von Beruf war, Webers Johann genannt, während der andere viel Kraft hatte und deshalb den Namen Stark bekam. So wurden sie mit der Zeit Johann Weber und Johann Stark. Familiennamen, wie wir sie heute kennen, sind seit dem 15. Jahrhundert in Deutschland verbreitet. Sie dienen nicht mehr als individuelles Kennzeichen einer Eigenschaft, sondern werden vererbt.

Hertzke in Preußen

Für den Nachnamen gibt es viele Schreibweisen. Früher wurden die Namen nach Gehör geschrieben, da hat niemand auf Einheitlichkeit geachtet. Zudem kommt Hertzke aus dem heutigen Polen, was noch zusätzlich die verschiedenen Sprachversionen mit einfließen lässt. In Deutschland gibt es nur circa 85 Namensträger, die mit t geschrieben werden und 325 ohne. Die Verteilung der Hertzkes kann man gut auf der Karte links erkennen (Ancestry.com).
Folgende Varianten konnte ich bisher zusammentragen:

Hertzke/Herzke/Hertzske
Hartzke/Harcke
Hercge/Herczge
Hercke/Hercge
Hertzka/Herczka
Hertzky/Hertzski

Durch die Nähe von Deutschland und Polen, gibt es ein „Übergangsgebiet“ zwischen deutscher und polnischer Bevölkerung, weshalb die Verkleinerungsform -ke (dt.) gleichwertig ist mit -ek (pl.). Aus diesem Grund kann es sein, dass eine weitere Version der Hertzkes Hertzek/Hercyg heißt. Auffallend viele Herczegs gibt es in Ungarn.

Auch meine Hertzke-Linie wurde in den Jahrhunderten unterschiedlich geschrieben, allerdings wechselte es nur zwischen Hertzke und Herzke ab. Je weiter in der Vergangenheit, desto öfter ohne t. Im Jahr 1905 wurde es dann in der Geburtsurkunde meines Urgroßvaters Carl Ernst Hertzke offiziell gemacht:

Zu No. 149
Auf Anordnung des königlichen
Amtsgerichts zu Tirschtiegel vom
16. November 1905 wird berichtigend
vermerkt:
Die Entbundene und ihr
Ehemann heißen mit Familien-
namen nicht Herzke, sondern
Hertzke.
Tirschtiegel, am 3. Januar 1906
Der Standesbeamte
Signed Wentzel

Aber was bedeutet Hertzke denn nun eigentlich?

Dazu gibt es einige Theorien. Ich habe mal die gängigsten zusammengefasst:

  1. Hertel, Engelbert schreibt 1935 in seinem Buch ‚Die deutschen Familiennamen‘, Seite 139, der Name Herzke gehe auf das althochdeutsche ‚Hardizo‘ (𐌷𐌰𐍂𐌳𐌹𐌶𐍉) zurück. Dies ist das gotische Adjektiv von hardus, was hart oder streng bedeutet. Im Komparativ und dem grammatischen Geschlecht Neutrum zugehörend, wäre die direkte Übersetzung ‚härter‘ oder ’strenger‘ (Feist, Sigmund, Vergleichendes Wörterbuch der gotischen Sprache, 1939).

  2. Gottschald, Max dagegen, leitet 1932 in seinem Werk ‚Deutsche Namenkunde‘ den Namen Harzke vom althochdeutschen ‚Hartwin‘ (hart, stark) ab.

  3. Kunze, Konrad gibt 1998 im dtv-Atlas Namenkunde die Deutung für Her(t)z als einen Übernamen mit kosender Funktion, wie Schatz, Schätzle, Liebermann, Her(t)z an. Meist aber als Kurzform des Rufnamens Hart(wig).

  4. Dräger, Kathrin schreibt 2017 in ‚Deutscher Familienatlas – Familiennamen aus Rufnamen‘ zu Herzke, dass bei den Familiennamen mit Har(t)z(-) Konkurrenzen mit Herkunftsnamen zum Mittelgebirge Harz und indirekt mit dem Berufsnamen für den Harzsammler bestehen. Bei den Familien mit Her(t)z(-) gibt es sie mit dem mittelhochdeutschen herz(e) ‚Herz‘ für einen Menschen mit (einem guten, frommen) Herzen und im Osten mit dem obersorbischen Berufsnamen herc ‚Spieler, Musikant‘ sowie mit Patronymen aus Rufnamen mit dem althochdeutschen, altsächsischen Namensglied heri für ‚Heer‘ + z-Suffix (s. Zoder, 1968, S. 732).

Vorwiegend ist demnach die Variante Herz und die Übernahme der Eigenschaften hart bzw. streng. Auch regionale Unterschiede sowie eine parallele Entstehung der Namen sind möglich und sollten bei der Deutung des eigenen Namens bedacht werden.